Seit Monaten läuft die Förderung im ländlichen Raum nicht. Anträge für das Leader-Programm der Europäischen Union werden nicht bewilligt. Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD) beschwichtigt und vertröstet.
Im Dezember vergangenen Jahres sorgte ein Brandbrief aus der Uckermark für Wirbel in Potsdam. Der Regionale Arbeitskreis Naturpark Uckermärkische Seen hatte sich beschwert, dass 2015 das Programm faktisch zum Erliegen gekommen sei. Immerhin gelang es dann aber kurz vor Silvester noch, die Gelder für das Regionalmanagement zu bewilligen, sprich das Personal musste in den Geschäftsstellen für die Leader-Regionen nicht entlassen werden. Bei den befürworteten Förderanträgen ruht weiterhin "still der See".
In der vergangenen Woche fragte der CDU-Abgeordnete Henryk Wichmann in einer Kleinen Anfrage die Landesregierung wie viele Anträge 2015 genehmigt wurden. Die schriftliche Stellungnahme von Landwirtschaftsminister Vogelsänger ist ein Musterbeispiel einer Nichtantwort. 250 Förderanträge liegen auf dem Tisch des zuständigen Landesamtes, heißt es da. Von engen Kontakten der Betroffenen ist die Rede, von Hochdruck und von "neuen Zeichen für den ländlichen Raum". Nur wie oft Geld floss, sagte der Minister nicht.
Für die Antragsteller muss das wie blanker Hohn klingen. In der Leader-Region Oderland, die die östlichen Teile von Märkisch-Oderland und Oder-Spree umfasst, liegen 70 Anträge seit Monaten zur Genehmigung vor. Immer wieder würden neue Angaben vom Landesamt eingefordert und die Antragsteller hingehalten, heißt es. Unter den Schreiben stehe dann die Frage, ob man unter den gegebenen Umständen den Antrag überhaupt noch aufrechterhalten wolle.
Reiner Droßel aus Letschin (Märkisch-Oderland) hat die Nase voll vom Leader-Programm und der Art, wie es in Brandenburg nicht umgesetzt wird. Der Inhaber einer Mosterei hatte im vergangenen Sommer Fördergelder für neue Maschinen beantragt. Es sei ihm gleich signalisiert worden, dass die Behörde nicht schnell arbeiten werde, sagte Droßel. Als er kurz vor der Apfelernte die Genehmigung für einen vorfristigen Maßnahmebeginn beantragte, hieß es aus Potsdam, dass keine Gefahr für Leib und Leben bestehe. Also lieh sich der Unternehmer die neuen Maschinen. Für das Landesamt waren sie damit schon in Gebrauch genommen und nicht mehr förderfähig. Weder Widersprüche noch Briefe an das Ministerium halfen.
Droßel hatte Glück. Die Apfelernte fiel 2015 rekordverdächtig aus und die Nachfrage nach seinem Most war groß. Er konnte letztlich die neue Anlage über einen Kredit kaufen, ohne die beantragten Fördergelder von 40 000 Euro.
Auch im Barnim wurden 39 Anträge auf insgesamt vier Millionen Euro bearbeitet und befürwortet - bewilligt wurde noch kein einziger. Im Landwirtschaftsministerium kann man einen ganzen Strauß an Ursachen für den unbefriedigenden Zustand nennen: Es fehlen Mitarbeiter und die vorhandenen mussten noch die Abrechnungen aus der alten Förderperiode prüfen. Außerdem seien die Vorgaben aus Brüssel dieses Mal besonders kompliziert. Der IT-Dienstleister des Landes habe zudem Probleme, die Software auf die neuen Formulare umzustellen.
"In der neuen Förderperiode ist es etwas komplizierter geworden", sagt auch Constantin Marquardt, Pressesprecher im Landwirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern. Im Nachbarland sei es aber trotzdem gelungen, 2015 die beantragten Leader-Projekte zu genehmigen, versichert er.
Vogelsänger verweist darauf, dass man jetzt mit vorzeitigem Maßnahmebeginn arbeiten wolle, damit die Antragsteller Sicherheit haben und loslegen können. Wenn der jedoch wie bei Reiner Droßel nur genehmigt wird, wenn Gefahr für Leib und Leben bestehe, dürfte das keinen großen Investitionsschub im ländlichen Raum auslösen.
Quelle: Dieser Artikel erschien in der Märkischen Oderzeitung.