Zu den Klängen der Rockballade "Music was my first love" wurde Ingo Senftleben am Sonnabend in Schönefeld ans Rednerpult gerufen. Solche Auftritte sind sonst nur zu Wahlkampfauftritten üblich. Die brandenburgische CDU probte auf ihrem Landesparteitag schon einmal für die kommenden Wahlkämpfe, vor allem für den um die Regierungsmehrheit im Land in zwei Jahren.
Die Musik war nicht das einzig Ungewöhnliche. Da war zunächst die gelöste Stimmung im Saal. Nichts erinnerte an die Grabenkämpfe, an die zum Teil äußerst persönlich geführten innerparteilichen Auseinandersetzungen auf derartigen Veranstaltungen.
Auch der zu Beginn des Monats gegründete "Freiheitlich Konservative Aufbruch" innerhalb des Landesverbandes beeinträchtigte die Gelassenheit nicht. Die beiden Protagonistinnen, die ehemalige Landeschefin Saskia Ludwig und die frühere Generalsekretärin Anja Heinrich, mieden den Landesparteitag.
Als Ingo Senftleben vor zwei Jahren nach dem Fraktionsvorsitz auch zum Chef des Landesverbandes gewählt wurde, äußerte die politische Konkurrenz noch fast herablassend hämisch ihre Skepsis, ob der Lausitzer mehr als eine weitere Zwischenlösung sein werde. Inzwischen sitzt Senftleben fest im Sattel. Aber seine Bekanntheitswerte bei den Brandenburgern lassen noch zu wünschen übrig. Das lässt sich mit Persönlichem besser beheben als mit ausgefeilten Reden im Landtag. Und so saßen denn auch die Eltern des alten und neuen Parteichefs im Schönefelder Kongresshotel in der ersten Reihe als der Sohn berichtete, wie er zu Beginn der 90er als junger Bauarbeiter mit seinem Vater an einer Autobahnbrücke der A 13 gearbeitet hatte.
Die Inszenierung der brandenburgischen Wurzeln, als einer aus dem Volke, der in die Politik ging um etwas zu ändern, schien weniger für die Delegierten gedacht gewesen zu sein, denn als Übung für spätere Auftritte auf Marktplätzen und in Bierzelten.
Und noch etwas probte Senftleben: Soziale Themen. Ausführlich ging er auf die rund 6000 Jugendlichen ein, die in Brandenburg keinen Schul- oder Berufsabschluss haben. Ihnen müsse die Politik helfen, einen Platz im Leben zu finden. Der 42-Jährige plädierte für anerkannte Abschlüsse für Förderschüler und versprach, sich für einen besseren Wiedereinstieg junger Mütter ins Berufsleben stark zu machen.
Bis hin zu einem Plädoyer für die Ehe für alle, reichte seine Agenda. Auch wenn es dafür weniger Applaus gab als für die Angriffe auf die Landesregierung. Genüsslich berief sich der CDU-Chef auf eine aus Sicherheitsgründen (wegen linker Proteste) abgesagte Beratung mit dem Landesschülerrat auf dem Gelände der Staatskanzlei. Wenn eine Regierung nicht einmal die eigene Sicherheit gewähren kann, muss sie abgewählt werden, rief der 42-Jährige und begeisterte damit die Basis. Hinterher hieß es aus der Führungsriege der Partei: "Wirtschaftspolitik, Innere Sicherheit oder Bildungspolitik können wir". Es gehe darum, der CDU in den nächsten zwei Jahren ein stärkeres soziales Profil zu geben.
Bei der anschließenden Wahl erhielt Senftleben dann 172 von 197 abgegebenen Stimmen. Das waren immerhin rund 87 Prozent und zehn Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren bei seiner ersten Wahl. Auch seine Stellvertreter, die Landtagsabgeordneten Barbara Richstein (85 Prozent) und Gordon Hoffmann (94 Prozent) sowie die Bundestagsabgordnete Jana Schimke (76 Prozent) und Karin Lehmann aus Fürstenwalde (73 Prozent) erzielten achtbare Ergebnisse. Als Generalsekretär wurde Steeven Bretz im Amt bestätigt.
Nach einer entsprechenden Satzungsänderung wurde zudem das neue Amt eines Mitgliederbeauftragten besetzt. Der uckermärkische Landtagsabgeordnete Henryk Wichmann erhielt dafür 96 Prozent der Stimmen und soll im geschäftsführenden Vorstand nun für die Mitgliederwerbung zuständig sein.
Quelle: Dieser Artikel erschien in der Märkischen Oderzeitung.